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Rationale Ebene

Wenn wir das Wort rational verwenden, dann meinen wir etwas objektives, ohne starke Emotion, Motivation oder Bedürfnisbefriedigung. Eine rationale Entscheidung beispielsweise soll auf Tatsachen und Fakten beruhen, nicht auf Wünschen und Emotionen. Dazu sollen wir rational Denken, also unser Wissen nutzen und objektiv abwägen, quasi eiskalt entscheiden. Deshalb spricht man auch von cold cognition. Die Basis für unsere Kognitionen ist unsere Wahrnehmung, das Wissen, was wir im Laufe des Lebens erwerben und unsere Sprache. Wie genau die einzelnen Aspekte zusammenhängen und wie sie unser Verhalten beeinflussen erklären wir jetzt. 

Wie rational ist der Mensch?

Tatsächlich gibt es selten absolut rationales Denken, denn sowohl unsere inneren Gedanken als auch die Wahrnehmung unserer äußeren Umgebung sind gefärbt von unseren Bedürfnissen, Emotionen, Motivation und auch von den Kognitionen beeinflusst. In Form von emotionalen Erfahrungen und Erinnerungen der Vergangenheit beeinflussen sie unsere Wahrnehmung. Selbst wenn wir meinen nur zu „beobachten“, sehen wir vorwiegend Dinge, die für uns selbst wichtig sind (Motivation), die wir mögen (Emotion) oder die wir kennen (Kognition). Deshalb sind selbst objektive Informationen aus der Umgebung immer auch ein wenig subjektiv. Wir sehen kein tatsächlich identisches Abbild der Wirklichkeit, sondern das, was für uns relevant ist. Das lässt sich an einem Bespiel festmachen:

Frau_Saxophonist.gif

Was siehst Du?

Auf diesem Bild erkennen die meisten Menschen eine Frau. Ein Musiker hingegen würde vielleicht als erstes den Saxophonist im Bild sehen. Unsere Wahrnehmung der Welt hängt nämlich davon ab, welche mentalen Bilder wir über ein Bild stülpen. Ein mentales Bild setzt sich aus den tatsächlichen physikalischen Reizen aus der Umgebung und all unseren vergangenen Seherfahrungen zusammen – was habe ich schon gesehen, was habe ich darüber gelernt, wie stehe ich emotional dazu, was erkenne ich? Deshalb sieht ein Saxophonspieler schneller ein Saxophon in einem zweideutigen Bild als jemand, der das Instrument in seinem Leben noch nicht real gesehen hat. Unsere vergangenen Erfahrungen bilden ein komplexes Netzwerk an Wissen über die Formen, Farben, Bewegungen, Strukturen und auch Geräusche und Gerüche über ein Objekt. Also nutzt unsere Wahrnehmung alle Sinne um ein kohärentes Bild über etwas zu schaffen, was es quasi wie einen Spicker bei jeder Art von Wahrnehmung vorholt und abgleicht. Jede Information, die wir sammeln hilft uns zu „sehen“, da wir immer auch ein wenig wiedererkennen. Die Bilder, die wir sehen sind eine Mischung aus den Bildern aus unserem Kopf und den tatsächlichen physikalischen Reizen aus der Umgebung.

Innere Kräfte

Sehen wir nicht Das was da ist?

Die perzeptuelle Form der Wahrnehmung, also das Wahrnehmen von Reizen aus der Umgebung mit den Sinnen ist weitgehend unbewusst. Die mentale Repräsentation, die wir mit Hilfe unseres Wissens und den Reizen bilden ist hingegen teilweise bewusst, aber eben nicht objektiv. Die Bildung mentaler Bilder durch stete Abgleiche hat zur Folge, dass viele tatsächliche Reize aus der Umgebung ausgeblendet werden – die Bilder trüben unser Sehen und legen quasi ein individuelles Rauschen darüber. Die dadurch entstandene Welt ist unschärfer als die unbewusste Welt der perzeptuellen Details. ABER gerade mittels dieses Mechanismus sind wir nicht überlastet, erleben keine Reizüberflutung, sondern schaffen es sinnhafte Gesetzmäßigkeiten in unserer Umwelt zu entdecken, die wir für sinnhafte Verhaltensweisen nutzen können. Wenn wir also rational denken, dann ist alles was wir entscheiden oder machen immer auch ein wenig irrational – damit zuweilen auch nicht für jeden nachvollziehbar.

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Wie (ir)rational unser Denken ist, fällt erst im Austausch mit anderen oder in der Reflexion von Erfahrungen auf. Eine Schulklasse kann gemeinsam Tiere im Zoo beobachten, aber die Unterschiede in dieser Wahrnehmung entstehen erst durch das Gespräch über den Besuch. Wenn ich niemanden erzähle was ich gesehen habe, kann ich annehme jeder hätte das gleiche gesehen. Erst wenn ich weiß, dass die anderen etwas völlig anderes beobachtet haben, kann ich reflektieren warum ich genau das und nicht das andere wahrgenommen habe. Austausch mit anderen, die Planung der Zukunft, Reflexion von Erlebnissen – all das verlangt Sprache. Erst durch ein zusätzliches sprachliches Netzwerk wird unsere Wahrnehmung im sozialen Austausch und unsere eigene Reflexion sichtbar.

Welche Rolle spielen Worte?

Wenn wir in der Klasse von Süßigkeiten sprechen, dann denken manche an Gummibären und andere an Schokolade. Ein Wort repräsentiert verschiedene Dinge, da Sprache hierarchisch kategorisiert ist. Es gibt Kategorien mit vielen Unterbegriffen, andere haben weniger. Je gröber die Sprache, umso mehr mögliche beschreibende Begriffe gibt es. Je schärfer meine Wortwahl, umso verständlicher kann ich mich machen. Wenn wir also Schüler*innen sagen sie sollen einen Stift mitbringen, dann bringt vermutlich jeder etwas anderes mit und alles ist korrekt, solange es unter die Kategorie „Stift“ fällt. Möchte ich jedoch, dass die Schüler*innen in Silbenschreibweise einen Satz notieren, dann sollten sie einen roten und einen blauen Buntstift oder einen Silbenstift mitbringen.

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Bei konkreten Objekten lassen sich Unterschiede und Missverständnisse durch Präzision herausarbeiten und beheben. Je genauer ich etwas beschreibe, umso wahrscheinlicher nimmt mein Gegenüber das gleiche wahr wie ich. Gleiches gilt für Emotionen und Bedürfnisse. Wenn ich meinen Zustand mit Worten genau beschreibe, dann können wir uns darüber besser austauschen und mehr Verständnis erzeugen. Sage ich als Lehrkraft, dass ich schlecht gelaunt bin, dann ist weder klar in welche Richtung die negative Emotion geht (Ärger, Frustration, Trauer, Angst…) noch warum sie entstanden ist (Misserfolg, Bedürfnisdefizite, Enttäuschung…). Daher weiß mein Gesprächspartner auch nicht wie er oder sie sich mir gegenüber verhalten soll. Sage ich stattdessen: „Ich bin verärgert, weil ich die Arbeitsblätter Zuhause vergessen habe und der Kopierer im Lehrerzimmer schon wieder streikt“, dann weiß mein Kollege, dass es nichts mit ihm zu tun hat und es angebracht wäre Verständnis zu haben oder einen Witz zu machen, um mich aufzuheitern, anstatt zurückzumeckern. Sprache hilft uns das innere Erleben und Verhalten von uns und anderen zu beschreiben und zu verstehen. Je mehr Wissen wir uns aneignen und je mehr Erfahrungen wir machen, umso reichhaltiger kann auch die Sprache werden – und andersherum.

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Sprechen wir von der rationalen Ebene, meinen wir also die Summe an Wahrnehmung, Wissen und Sprache, die wir nutzen um uns menschliches Verhalten zu erklären. Die eingangs gestellte Frage „Warum macht man das?“ wird hierdurch erst ermöglicht. Außerdem erhalten wir erst durch die rationale Ebene Zugang zu den anderen Ebenen menschlichen Verhaltens – Emotion, Motivation und Bedürfnisse – und können basierend darauf Vergangenheit reflektieren, Zukunft planen und Verhalten anpassen.

Denken, Planen, Grübeln

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Den größten vermeintlichen Einfluss auf das Verhalten auf der rationalen Ebene, hat das was wir mit unseren Worten tun - wir durchdenken Situation, wir reflektieren unser Verhalten und machen Pläne für die Zukunft.... 

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Bitte beachten Sie, dass dieser Abschnitt in Kürze erweitert wird.

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